
Warum ist das Mindset der Mitarbeitenden für Unternehmen entscheidend?
Die Arbeitswelt verändert sich rasant durch Digitalisierung, Fachkräftemangel und den Einsatz Künstlicher Intelligenz. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, sich ständig anpassen zu müssen. Doch Veränderung ist oft unbequem – viele halten lieber am Vertrauten fest, selbst wenn es längst nicht mehr funktioniert.
Wie können Unternehmen es schaffen, dass Mitarbeitende Veränderungen als Chance begreifen?
Die Psychologin Carol Dweck hat gezeigt, dass unsere Denkweise unser Verhalten und unsere Entwicklung prägt.
Doch was steckt genau hinter dem Growth Mindset? Welche Auswirkungen hat es? Und wie kann es gezielt gefördert werden? Das erfährst du hier.
Growth Mindset vs. Fixed Mindset: Was versteht man darunter?
Laut der Psychologin Alia Crum (2021) ist das Mindset unsere Grundhaltung – es beeinflusst, wie wir denken, handeln und Herausforderungen begegnen.
Das klingt jetzt erstmal sehr abstrakt – mit einem Beispiel wird’s greifbarer:
Auswirkungen eines förderlichen Mindsets:
Wer über sich selbst denkt, „Ich bin fähig und kann alles erreichen, was ich mir vornehme“, entwickelt ein Gefühl von Selbstvertrauen und Zuversicht. Dies führt zu einem selbstsicheren Verhalten – beispielsweise durch eine klare Stimme oder den Mut, neue Dinge auszuprobieren. Die Folge ist, dass diese Person kompetenter wahrgenommen wird und sich tatsächlich weiterentwickelt.
Auswirkungen eines hinderlichen Mindsets:
Im Gegensatz dazu führt der Gedanke „Ich bin nicht kompetent, und es wird mir wahrscheinlich nicht gelingen“ zu Unsicherheit und Mutlosigkeit. Dadurch wird vermeidendes Verhalten gefördert – etwa durch eine zurückhaltende Stimme oder das Meiden neuer Herausforderungen – was letztlich zu ausbleibender Weiterentwicklung führt.
Insbesondere Carol Dweck hat sich intensiv mit den Auswirkungen verschiedener Denkweisen auf Verhalten und Entwicklung beschäftigt. Sie unterscheidet zwischen zwei Arten von Mindset:
Fixed Mindset
Die Überzeugung, dass Fähigkeiten und Talente angeboren und kaum veränderbar sind. Menschen mit dieser Denkweise meiden Herausforderungen, geben bei Misserfolgen schnell auf und betrachten Anstrengung als sinnlos.
Growth Mindset
Die Vorstellung, dass Fähigkeiten und Talente durch Lernen, Anstrengung und Feedback weiterentwickelt werden können. Herausforderungen werden als Chancen zur Verbesserung gesehen.
Dwecks Forschung zeigt, dass Menschen nicht strikt in eine der beiden Kategorien fallen. Vielmehr existiert ein Spektrum zwischen Growth und Fixed Mindset, und Menschen können in verschiedenen Lebensbereichen unterschiedliche Denkweisen haben (Dweck, 2006; Yeager & Dweck, 2012).
Forschungsergebnisse von Carol Dweck zu Growth und Fixed Mindset
Studien zeigen, dass unser Mindset maßgeblich beeinflusst, wie wir lernen, mit Herausforderungen umgehen und Leistung erbringen. Blackwell et al. (2007) fanden heraus, dass Schüler mit Growth Mindset in Mathematik deutlich besser abschnitten als ihre Altersgenossen mit Fixed Mindset. Sie betrachteten Herausforderungen als Chancen zur Weiterentwicklung.
Weitere Forschung (Yeager & Dweck, 2012) zeigt, dass ein Growth Mindset nicht nur schulische Leistung verbessert, sondern auch Stress reduziert. Schüler mit dieser Denkweise bewältigten Prüfungen souveräner, da sie Misserfolge als Lernchancen betrachteten.
Paunesku et al. (2015) belegten, dass gezielte Maßnahmen zur Förderung eines Growth Mindsets insbesondere sozial benachteiligten Schülern halfen, ihre akademischen Leistungen zu steigern und ihr Potenzial besser zu nutzen.
Die Auswirkungen einer Growth Mindset-Kultur auf Unternehmen und Teams
Bessere Team- und Unternehmensleistungen
Mitarbeitende mit einem Growth Mindset nehmen Herausforderungen innerhalb des Teams und Unternehmens an und lernen aus Fehlern. Dies fördert eine kontinuierliche Verbesserung und eine leistungsorientierte Kultur.
Höhere Motivation in Teams
Teams mit einer Growth-Mindset-Mentalität glauben, dass Anstrengungen und kontinuierliche Weiterentwicklung zu besseren Ergebnissen führen. Dies resultiert in einer höheren Motivation und Engagement der Mitarbeitenden.
Höhere Resilienz in Zeiten von Veränderungen
Mitarbeitende, die ein Growth Mindset haben, betrachten Rückschläge und Veränderungen (z. B. Umstrukturierungen) als Chancen.
Dies führt zu einer größeren Belastbarkeit und einer positiven Reaktion auf Herausforderungen und Veränderungen im Unternehmen.
Stärkere Innovationskraft im Unternehmen
Teams mit einem Growth Mindset sind eher bereit, neue Ideen auszuprobieren, Risiken einzugehen und kreative Lösungen zu finden.
Dies fördert eine innovationsfreundliche Unternehmenskultur und unterstützt den Wandel im Unternehmen.
Höhere Mitarbeiterbindung – Mitarbeitenden fühlen sich in einem solchen Teamklima mit den anderen verbunden und haben das Gefühl einen Beitrag zur Team- und Unternehmensleistung zu liefern. Was wiederum zu einem höheren Verpflichtungsgefühl sowie Verbundenheit führt.
Growth Mindset fördern: Maßnahmen für HR und Führungskräfte
Die Fähigkeit, Veränderungen als Chancen zu sehen, ist für Unternehmen essenziell. Führungskräfte und HR spielen eine Schlüsselrolle, indem sie eine wachstumsorientierte Denkweise gezielt fördern. Oft verbinden wir Veränderungen mit großen Anstrengungen, doch Forschung zeigt: Kleine, kontinuierliche Anpassungen haben oft mehr Wirkung als aufwendige, aber kurzlebige Initiativen.
James Clear (2018) beschreibt in Atomic Habits, dass gerade unscheinbare Alltagsgewohnheiten nachhaltige Fortschritte bewirken. Übertragen auf Unternehmen bedeutet das: Niedrigschwellige Maßnahmen, die sich leicht in den Arbeitsalltag integrieren lassen, entfalten langfristig die größte Wirkung.
Im letzten Teil stelle ich praxisnahe Tipps vor, um ein Growth Mindset mit minimalem Aufwand nachhaltig im Berufsalltag zu verankern.
1. Fehlertoleranz erhöhen

F***up Talk
In einem „F***up Talk“ teilen Teammitglieder regelmäßig ihre Fehler und was sie daraus gelernt haben.
Retrospektiven
Teams reflektieren regelmäßig, was gut lief und was nicht.
2. Kontinuierliches Lernen ermöglichen
Retrospektiven zur kontinuierlichen Verbesserung
Teams reflektieren regelmäßig ihre Arbeitsweise und implementieren Verbesserungsmaßnahmen, die bei der nächsten Retrospektive überprüft werden.
Lern-Buddies
In kleinen Gruppen wird ein Thema oder Problem besprochen und Lösungsideen werden gemeinsam entwickelt.
3. Anerkennung und Wertschätzung fördern
Wertschätzungsdusche
Eine Übung, bei der Teammitglieder sich gegenseitig positive Rückmeldungen zu ihren Stärken und Erfolgen geben.
Entwicklungs-spiegel
Regelmäßiges Feedback unter Teammitgliedern über die persönlichen Fortschritte.

4. Offene Kommunikation und Feedbackkultur fördern
Feedack
Regelmäßige, strukturierte Feedback-Sessions fördern eine offene Kommunikationskultur und geben den Teammitgliedern die Möglichkeit, konstruktive Rückmeldungen zu geben und zu erhalten.
Meetingrollen
Teammitglieder haben während eines Meetings bestimmten Rollen, z.B. Advocatus Diaboli, Time Keeper, Innovator
Fazit: Psychologische Sicherheit als Schlüssel, um Teams zum Funkeln zu bringen
Ein Growth Mindset ist der Schlüssel für den Unternehmenserfolg in Zeiten dynamischer Veränderungen.
Führungskräfte und HR können durch gezielte Maßnahmen eine Kultur des Wachstums und der kontinuierlichen Verbesserung fördern, was zu höherer Motivation, Resilienz und Innovationskraft führt.
Die Forschung von Carol Dweck zeigt deutlich, dass Mitarbeitende, die Herausforderungen als Chancen begreifen, langfristig erfolgreicher und zufriedener sind.
Indem Unternehmen eine wachstumsorientierte Denkweise kultivieren, schaffen sie nicht nur eine positive Veränderungskultur, sondern sichern sich auch die notwendige Agilität, um den Anforderungen der Zukunft zu begegnen.
Wie steht es um das Mindset in deinem Unternehmen? Welche kleinen Schritte kannst du heute tun, um eine wachstumsorientierte Kultur zu fördern?
Quellen:
Crum, A. (2021): [Mindset Matters: How to Embrace the Benefits of Stress | Stanford Graduate School of Business] Zum Artikel (abgerufen am 03.02.2025)
Dweck, C. S. (2006). Mindset. New York, NY: Random House.
Yeager, D. S., & Dweck, C. S. (2012). Mindsets that promote resilience: When students believe that personal characteristics can be developed. Educational Psychologist, 47(4), 302 -314.
Blackwell, L. S., Trzesniewski, K. H., & Dweck, C. S. (2007). Implicit theories of intelligence predict achievement across an adolescent transition: A longitudinal study and an intervention. Child Development, 78(1), 246-263.
Yeager, D. S., & Dweck, C. S. (2012). Mindsets that promote resilience: When students believe that personal characteristics can be developed. Educational Psychologist, 47(4), 302-314.
Paunesku, D., Walton, G. M., Romero, C., Smith, E. N., Yeager, D. S., & Dweck, C. S. (2015). Mind-set interventions are a scalable treatment for academic underachievement. Psychological Science, 26(6), 784-793.